Nicht jede Familie folgt dem klassischen Prinzip von Vater, Mutter, Kinder. Verheiratete Eltern mit gemeinsamen Kindern gelten zwar als Standardfamilie. Darüber hinaus gibt es jedoch zahlreiche andere Familienkonstellationen.
Da in Deutschland jedes Jahr etwa 140.000 Ehen geschieden werden, sind Patchworkfamilien keine Seltenheit. Hier ergeben sich schnell komplexe Situationen bei der Erbfolge. Eine Nacherbschaft kann in diesem Fall die passende Lösung sein, um den Nachlass im Sinne des oder der Erblasser zu verteilen.
Beispiel 1: Patchworkfamilie
Herr Maier ist geschieden und hat zwei Kinder. Er lebt schon seit über zehn Jahren mit seiner neuen Partnerin zusammen. Die beiden sind weder verheiratet noch liegt eine eingetragene Partnerschaft vor. Stirbt Herr Maier müsste seine Partnerin aus dem Haus ausziehen, da es nach der gesetzlichen Erbfolge an die Kinder vererbt wird. Den Kindern geht es finanziell gut. Sie wohnen in eigenen Immobilien und sie hätten kein Problem damit, wenn Frau Maier im Haus wohnen bleibt.
In einem Testament setzt Herr Maier seine Partnerin als Vorerbin ein und die Kinder als Nach- bzw. Schlusserben.
Beispiel 2: Komplexe Familienkonstellation
Frau Schmidt hat selbst keine eigenen Kinder. Sie lebt mit Herrn Müller zusammen, der zwei leibliche Kinder hat. Das Haus, in dem die Familie wohnt, gehört Frau Schmidt. Sie ist nicht mit Herrn Müller verheiratet noch besteht eine eingetragene Partnerschaft. Frau Schmidt hat zwei Nichten, denen sie sich sehr verbunden fühlt. Zu den Kindern ihres Partners besteht wenig Kontakt.
Sie möchte, dass ihre Nichten später das Haus erben. Sollte Sie vor Herrn Müller sterben, soll dieser allerdings im Haus wohnen bleiben können. Per Testament verfügt sie eine Nacherbschaft. Sie setzt Herrn Müller als Vorerben und ihre beiden Nichten als Nacherben ein.
Unternehmensnachfolge und Vermögensschutz
Auch Gesellschaftsanteile können im Rahmen einer Vor- und Nacherbschaft übertragen werden. So können Unternehmer die Nachfolge auch über ihren Tod hinaus regeln. Jedoch hat der Gesetzgeber dies auf einen Nacherbfall beschränkt. Eine Nacherbschaft kann auch dann sinnvoll sein, wenn es sich bei den Erben noch um minderjährige Kinder handelt. Sie können ihre Nacherbschaft zum Beispiel dann antreten, wenn sie volljährig sind oder eine Ausbildung oder ein Studium abgeschlossen haben.
Spezielle Fälle: Erben mit Schulden oder Betreuungsbedarf
Ist ein Erbe mit Schulden belastet, steht es dem Erben frei, ob er das Erbe antritt oder ausschlägt. Eine Erbausschlagung muss innerhalb von sechs Wochen nach Kenntnis vom Tod des Erblassers erfolgen. Nach dieser Frist gilt das Erbe als angenommen. Sowohl ein Vorerbe als auch ein Nacherbe kann ein überschuldetes Erbe ausschlagen. Wenn ein Erbe ausgeschlagen wird, geht das Erbe an die nächste Person in der gesetzlichen Reihenfolge.
Geht das Erbe an eine Person mit Betreuungsbedarf, entscheidet der Betreuer, ob das Erbe angenommen wird.