Die Testierfähigkeit wird in dem Fall berücksichtigt, wenn ein Erbe ein Testament anfechten möchte, denn normalerweise wird ein Testament von den Erben vollstreckt, ohne ein Eingreifen eines Nachlassgerichts. Ein Testament muss vollstreckt werden, da ein Erblasser das Recht hat, zu entscheiden, was mit seinen Besitztümern geschehen wird.
Er kann dazu einen Testamentsvollstrecker ernennen. “Enterbte” Familienangehörige können dann nur noch Pflichtteilsansprüche geltend machen. Oft geben sie sich damit aber nicht zufrieden und versuchen, die Testierunfähigkeit des Erblassers zu beweisen, um das Testament zu widerrufen.
Testierfähigkeit in Deutschland
Die Testierfähigkeit in Deutschland wird nur bei einer Anfechtung durch ein Nachlassgericht geprüft. Dieses beauftragt einen Sachverständigen, der zwei Grundaspekte überprüft:
- War der Erblasser krank?
- Hat diese Krankheit seine Willensbildung beeinträchtigt?
Dieser Sachverständige bildet nicht nur eine eigene Einschätzung aufgrund seiner Erfahrung, sondern präsentiert im Gerichtsprozess verschiedene Beweise, darunter:
- Medizinisches Gutachten
- Zeugenaussagen (Notar, Ärzte, Familienangehörige, Bekannte)
- Krankenakte
Letztendlich entscheidet das Nachlassgericht über die Testierfähigkeit des Erblassers und ob das Testament gültig ist.
Testierfähigkeit & Erbrecht
Sollte ein potenzieller Erbe die Testierunfähigkeit beweisen können, bedeutet das aber nicht, dass er direkt ein Erbe antreten kann. In Deutschland besteht ein komplexes Erbrecht, das eine gesetzliche Erbfolge vorschreibt, wenn kein Testament vorhanden ist oder ein Testament als ungültig erklärt wurde.
Wenn eine Testierunfähigkeit zu einem Zeitpunkt bewiesen werden konnte, kann auch ein früheres Testament vollstreckt werden. Das Nachlassgericht wird im Streitfall über das Erbe laut deutschem Erbrecht entscheiden und alle Pflichtteile verteilen. Dabei wird nicht nur der Erbe berücksichtigt, der die Testierunfähigkeit beweisen konnte.
Möglichkeiten bei Ungültigkeit
Sobald ein Testament durch Testierunfähigkeit als ungültig erklärt wurde, hat der potenzielle Erbe, der dadurch einen Vorteil daraus ziehen möchte, die Möglichkeit, das Testament anzufechten. Dafür sollte er auf jeden Fall einen Anwalt für Erbrecht beauftragen.
Wer ein Testament anfechten möchte, muss drei wichtige Aspekte berücksichtigen:
- Die Beweispflicht liegt zu 100% bei der Person, die den letzten Willen anfechten möchte.
- Die Frist auf Ansprüche läuft 30 Jahre nach dem Tod des Erblassers ab.
- Die Kenntnis über einen Anfechtungsgrund verkürzt diese Frist auf nur 1 Jahr.