Um den Nachlass im eigenen Sinne zu regeln und Konflikte unter den Erben vorzubeugen, ist eine Regelung des Nachlass zu Lebzeiten empfehlenswert. So gibt es nach dem Tod bzw. der Eröffnung des Testaments durch das Nachlassgericht keine unangenehmen Überraschungen, die in langwierige Erbschaftsstreitigkeiten münden können.
Die Bedeutung der frühzeitigen Nachlassplanung
Wer sich frühzeitig um den eigenen Nachlass kümmert, hat dadurch zahlreiche Vorteile. Die frühe Planung nimmt Familienangehörigen im Fall von Krankheit oder Tod viel Arbeit ab. Eine ordentliche Regelung ist für alle Beteiligten erstrebenswert. Die Nachlassplanung erstreckt sich dabei nicht nur auf das Schreiben eines Testaments und die Regelung des Erbes, sondern bezieht auch Themen wie Vorsorgevollmachten oder Patienten- und Betreuungsverfügungen mit ein.
Vorsorgevollmachten und Betreuungsverfügungen als wesentliche Bausteine
Kein Mensch wünscht sich, dass eine Betreuung nötig wird. Dennoch sind Sie gut beraten, wenn Sie nicht nur ein Testament schreiben, sondern Vorsorgevollmachten und Betreuungsverfügungen erstellen.
- Mit einer Vorsorgevollmacht bevollmächtigen Sie eine Person, im Falle einer Notsituation Aufgaben für Sie zu erledigen. Das können alle oder definierte Aufgaben sein.
- Eine Betreuungsverfügung ist ein Instrument Vorsorge für den Fall zu treffen, dass Sie selbst nicht mehr in der Lage sind, ihre Angelegenheiten zu regeln.
Die Betreuungsverfügung stellt eine Alternative zur Vorsorgevollmacht dar. Sie greift dann, wenn keine Vertrauensperson zur Verfügung steht.
Testament schreiben: So formulieren Sie Ihren letzten Willen
In Deutschland herrscht Testierfreiheit. Das bedeutet, dass jeder ein Testament so schreiben kann, wie er es möchte. Es gibt im Internet auch viele Vorlagen für ein Testament. Entscheidend ist dabei, dass die Aussagen im Testament unmissverständlich und klar sind und keinen Interpretationsspielraum lassen. Zudem dürfen die Aussagen im Testament weder rechts- noch sittenwidrig sein. Außerdem darf das Testament nicht vorschreiben, welche Partner- oder Berufswahl ein Erbe zu treffen hat. Solche Klauseln in einem Testament sind unirwirksam.
Was kostet ein Testament beim Notar?
Wer sich nicht zutraut, ein Testament selbst zu schreiben, kann dafür zum Notar gehen. Hier stellt sich die Frage, was ein Testament beim Notar kostet. Die Gebühren kommen darauf an, wie hoch der Nachlasswert ist. Bei einem Nachlasswert bis 500.000 Euro fallen etwa 935 Euro an Gebühren an.
Erbschaftsteuer: Verständliche Erklärung und wichtige Hinweise
In Deutschland erhebt der Staat Erbschaftssteuer. Das Ziel dahinter ist es, Vermögen gerechter zu verteilen. Für nahe Verwandte in der Erbreihenfolge gelten allerdings hohe Freibeträge:
- Ehepartner und eingetragene Lebenspartner: 500.000 Euro
- Kinder und Stiefkinder: 400.000 Euro
- Enkel, deren Eltern bereits verstorben sind: 400.000 Euro
- Enkel, deren Eltern noch leben: 200.000 Euro
- Urenkel, Eltern und Großeltern: 100.000 Euro
- Alle anderen Erben: 20.000 Euro
Durch geschickte Regelungen kann die Erbreihenfolge so beim Nachlass genutzt werden, dass keine Erbschaftsteuer anfällt. Zum Beispiel, wenn der Nachlass nicht komplett an die Kinder geht, sondern ein Teil direkt an die Erben verteilt wird.
Erbrechtliche Grundlagen: Gesetzliche Erbfolge verstehen
Hat ein Verstorbener weder ein Testament geschrieben, noch einen Erbvertrag geschlossen, greift die gesetzliche Erbfolge. Die gesetzliche Erbfolge ohne Testament ist in § 1924 im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt. Sie teilt die Erben in vier Ordnungen ein.
- Erben 1. Ordnung: Die Kinder des Erblassers sowie deren Nachkommen
- Erben 2. Ordnung: Die Eltern des Erben, seine Geschwister und Neffen und Nichten
- Erben 3. Ordnung. Großeltern sowie Tanten und Onkel und deren Nachkommen
- Erben 4. Ordnung: Urgroßeltern sowie deren Nachkommen (Großonkel und Großtante etc.)
Zudem haben in der gesetzlichen Erbfolge die Ehepartner bzw. eingetragenen Lebenspartner immer einen Anspruch auf das Erbe. Wie hoch das Erbe ist, hängt vom Güterstand der Ehe ab.
Wer erbt ohne Testament?
Bei der gesetzlichen Erbfolge ohne Testament kommt es darauf an, welche Verwandten der Erblasser hat und wie viele Verwandte dies sind. Hier sind ein paar Beispielkonstellationen für das bessere Verständnis.
- Ein Erblasser hinterlässt eine Ehefrau und zwei Kinder: Die Ehefrau erbt 50 %, die beiden Kinder erben jeweils 25 %
- Ein Erblasser ist verwitwet, sein einziges Kind ist ebenfalls verstorben, es leben aber zwei Enkel: Die beiden Enkel erben jeweils 50 %
- Ein Erblasser hat keine Kinder, die Eltern leben noch: Die Eltern erben das Vermögen
- Ein Erblasser hat weder Kinder noch Geschwister, es gibt aber zwei Tanten: Die Tanten erhalten jeweils 50 %.
Die Rolle des Pflichtteils und dessen Ansprüche
Ehepartner, Kinder und Eltern sind im deutschen Erbrecht pflichtteilsberechtigt. Das bedeutet, dass sie auch dann ihren Anteil am Erbe einfordern können, wenn Sie im Testament nicht bedacht sind.
Der Pflichtteil beträgt immer die Hälfte des gesetzlichen Anspruchs.
- Beispiel: Ein Erblasser hat eine Ehefrau und zwei Kinder und setzt die Ehefrau in einem Berliner Testament als Alleinerbin ein. Der gesetzliche Anspruch der Kinder beträgt jeweils ¼. Sie können daher einen Pflichtteil in Höhe von ⅛ einfordern.
- Ein Erblasser hat keine Kinder, aber seine Eltern leben noch. Wenn er in seinem Testament nur die Ehefrau als Alleinerbin einsetzt, können die Eltern ¼ des Erbes als Pflichtteil geltend machen.
Nachlassgericht: Aufgaben und Bedeutung im Abwicklungsprozess
Für die offizielle Abwicklung in Erbsachen ist in Deutschland das Nachlassgericht zuständig. Es hat verschiedene Aufgaben:
- Testament eröffnen und Protokoll darüber anfertigen
- Die Erben ermitteln
- Es dient als Stelle, um offiziell ein Testament oder einen Erbvertrag zu hinterlegen
- Es ist die richtige Stelle, um zu erklären, eine Erbe ausschlagen zu wollen
- Erteilung von Erbscheinen
Testamentseröffnung durch das Nachlassgericht
Hat ein Erblasser ein Testament bei einem Notar beglaubigen lassen, ist dies in der Bundesnotarkammer hinterlegt. Die Bundesnotarkammer wird vom Standesamt über den Todesfall informiert und gibt das Testament dann an das Nachlassgericht weiter. Dort wird es in einem nicht-öffentlichem Vorgang eröffnet. Über die Eröffnung erhalten die Erben ein Protokoll und können dann das Erbe verteilen oder eine Erbausschlagung in Erwägung ziehen.
Die Erben ermitteln
Gibt es kein Testament oder keinen Erbvertrag, müssen die Erben in manchen Fällen erst ermittelt werden. Gerade wenn ein Erblasser keine direkten Nachkommen und ansonsten wenig Verwandte hat, kann das Ermitteln der Erben gemäß der gesetzlichen Erbfolge ein langwieriger Prozess sein. Können keine Erben ermittelt werden, springt das Bundesland, in dem der Erblasser seinen letzten Wohnsitz hatte, als Erbe ein. Denn im deutschen Erbrecht ist geregelt, dass es keinen Nachlass ohne Erben geben kann.
Hinterlegung von Testament oder Erbvertrag
Wenn Sie ein Testament schreiben wollen, es aber nicht beim Notar beurkunden lassen wollen, können Sie es gegen eine Gebühr beim Nachlassgericht hinterlegen.
Erbausschlagung
Das Nachlassgericht ist die richtige Stelle, um eine Erbausschlagung zu erklären. Die Ausschlagung des Erbes muss schriftlich innerhalb von einer Frist von sechs Wochen nach der Kenntnis vom Tod des Erblassers erfolgen.
Erteilung von Erbscheinen
Liegt weder ein Testament noch ein Erbvertrag vor, kann ein Erbschein nötig werden, um sich bei Banken, Behörden oder Versicherung als rechtmäßiger Erbe ausweisen zu können. Der Erbschein kann beim Nachlassgericht beantragt werden. Die Frage, was ein Erbschein kostet, ist im Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG) geregelt und hängt mit dem Wert des Erbes zusammen. Die Kosten sind von den Erben zu tragen.
Erbe ausschlagen oder annehmen: Entscheidungshilfen und Konsequenzen
Manchmal liegen triftige Gründe vor, um ein Erbe auszuschlagen. Die häufigsten Gründe für eine Erbausschlagung sind:
- Der Erbe befindet sich in privatinsolvenz oder ist verschuldet
- Das Erbe ist verschuldet
- Im Nachlass befindet sich eine sanierungspflichtige Immobilie
- Sie möchten keine Erbschaftssteuer zahlen
- Sie schlagen das Erbe aus, damit es direkt an die nächste Generation weitergeht
Wenn der Antrag auf Erbausschlagung beim Nachlassgericht gestellt wurde, kann er nicht rückgängig gemacht werden.
Digitale Vermögenswerte im Nachlass
Während ein Nachlass früher nur aus Werten wie Geld- oder Bankvermögen, Immobilien oder Kunstgegenständen bestand, kommen heute immer öfter digitale Vermögenswerte hinzu. In einem digitalen Nachlass lönnen sich folgende Dinge befinden:
- Digitale Konten
- Digitale Identitäten
Die Behandlung von Online-Konten und Social Media Accounts
Im Jahr 2018 hat der Bundesgerichtshof ein Urteil zum digitalen Nachlass gefällt. Er urteilte, dass digitale Konten zum Nachlass gehören. Erben müssen daher Zugang erhalten und dürfen über die Daten verfügen. Wer möchte, kann schon zu Lebzeiten einen digitalen Nachlassverwalter bestimmen, der sich dann um die eigenen digitalen Angelegenheiten kümmert.
Die Abwicklung der Bankangelegenheiten des Verstorbenen
Wer ein Erbe angenommen hat, ist verpflichtet, sich um den Nachlass des Verstorbenen zu kümmern. Dazu gehört zum Beispiel auch die Aufgabe, die Bankangelegenheiten des Verstorbenen abzuwickeln. Dazu ist es nötig, dass die Bank Zugang zu den Konten erteilt. Gibt es ein notarielles Testament oder einen Erbvertrag, reicht dies meist für Banken als Legitimation. Bei einem handschriftlichen Testament oder wenn überhaupt kein Testament vorliegt, kann es sein, dass die Bank einen Erbschein verlangt.
Zugriff auf Konten und Depots klären
Mit einem Erbschein vom Nachlassgericht bzw. dem notariellen Testament oder Erbvertrag gewährt die Bank in der Regel Zugriff auf Konten und Depots. Diese werden dann von den Erben gesichtet und im nächsten Schritt auf die die Erben übertragen.
Kontoauflösung und Übertragung von Vermögenswerten
Ist durch die gesetzliche Erbfolge oder durch Testament bzw. Erbvertrag klar, wer das Geld des Verstorbenen erhält, können die Konten aufgelöst und das Vermögen an die Erben übertragen werden. Haben Ehepartner ein gemeinsames Konto, muss das Konto nicht aufgelöst werden. Hier wird lediglich der verstorbene Ehepartner gelöscht.
Immobilien im Nachlass: Verkauf, Erhalt oder Übertragung
Die Abwicklung von Geld- oder Bankvermögen im Nachlass ist per Erbschein vom Nachlassgericht oder Testament relativ einfach zu regeln. Komplizierter kann es werden, wenn sich im Nachlass Immobilien befinden. Alle Rechte und Pflichten an den Immobilien gehen auf die Erben über. Diese müssen entscheiden, was mit der Immobilie passiert. Im Wesentlichen gibt es drei Möglichkeiten:
- Verkauf
- Erhalt
- Übertragung
Der Verkauf einer geerbten Immobilie
Oft werden geerbte Immobilien verkauft, etwa wenn die Immobilie weit entfernt ist oder der Erbe gerne Geld hätte, um eigene Pläne zu realisieren. Beim Verkauf einer geerbten Immobilie, gibt es steuerliche Aspekte zu berücksichtigen. Hat der Erblasser selbst in der Immobilie gewohnt oder war sie länger als zehn Jahre vermietet, fällt keine Immobilienertragsteuer bzw. Spekulationssteuer an. Hier greift das Fußstapfenprinzip, unabhängig von der Erbreihenfolge. Der Erbe tritt nämlich in die Fußstapfen des Erblassers und übernimmt die steuerliche Bewertung der Immobilie.
Der Erhalt einer geerbten Immobilie
Trifft ein Erbe die Entscheidung, eine geerbte Immobilie aus dem Nachlass zu behalten, muss er sich als neuen Eigentümer ins Grundbuch eintragen lassen. Innerhalb von zwei Jahren nach dem Tod des Erblassers ist dies kostenlos möglich. Bei der gesetzlichen Erbfolge ohne Testament benötigt das Grundbuchamt in der Regel einen Erbschein.
Die Übertragung einer geerbten Immobilie
Manchmal werden Immobilien oder Anteile an Immobilien im Rahmen der Erbauseinandersetzung übertragen. Eine Übertragung kann eine Schenkung sein, sie kann aber auch an Bedingungen geknüpft sein. In jedem Fall muss die Übertragung im Grundbuch eingetragen werden. Bei einem handschriftlichen Testament ist dafür ein Erbschein nötig.
Fazit zu Nachlass
Erben haben die Aufgabe, den Nachlass des Verstorbenen zu regeln. Wie Sie dabei genau vorgehen, hängt davon ab, ob es ein Testament gibt oder ob die gesetzliche Erbfolge greift. Gegenüber Banken, Behörden oder Versicherung müssen sich die Erben per Erbschein, Testament oder Erbvertrag ausweisen, um Vermögenswerte übertragen zu können.
Neben dem physischen Nachlass ist heute auch der digitale Nachlass zu regeln. Was allerdings nicht zum Nachlass gehört, sind persönliche Rechte (z.B. ein Wohnrecht oder das Nießbrauchrecht bei einem Grundstück), das mit dem Tod erschlischt.
FAQs zu Nachlass
Was gehört zum Nachlass eines Verstorbenen?
Der Nachlass umfasst das gesamte Vermögen eines Erblassers inklusive Geld, Bankvermögen, Immobilien und anderen wertvollen Dingen wie Schmuck oder Kunstgegenstände. Persönliche Rechte (z.B. ein Wohnrecht) gehören nicht zum Nachlass.
Wie läuft die Testamentseröffnung ab?
Die Testamentseröffnung ist ein nicht-öffentlicher Vorgang im Nachlassgericht. Die Eröffnung wird mit einem Protokoll dokumentiert, das an die Erben verschickt wird.
Wer ist für die Nachlassverwaltung verantwortlich?
In der Regel sind das die Erben. Es sei denn, es ist ein Nachlassverwalter bzw. Testamentsvollstrecker eingesetzt.
Müssen Erben die Schulden des Verstorbenen übernehmen?
Ja, die Erben haben die Pflicht, die Verbindlichkeiten aus dem Nachlass zu übernehmen. Dazu gehören auch die Schulden des Verstorbenen.
Wie wird der Nachlass unter den Erben verteilt?
Das kommt darauf an, ob es ein Testament oder einen Erbvertrag gibt oder ob die gesetzliche Erbfolge greift.