Erbe ausschlagen: Frist, Ablauf und Konsequenzen im Überblick
Nicht immer wird die Botschaft über einen Erbfall mit Begeisterung aufgenommen. Ernüchterung tritt zum Beispiel ein, wenn der Verstorbene nur Schulden hinterlässt. Glücklicherweise haben Sie als gesetzlicher Erbe die Möglichkeit, eine Ausschlagung zu erklären. Dann geht die Erbschaft an den nächsten Erben in der Reihenfolge über.
- Das Wichtigste in Kürze
- Was bedeutet es, ein Erbe auszuschlagen?
- Erbe ausschlagen Frist: Wie viel Zeit habe ich?
- Der Ablauf der Erbausschlagung
- Konsequenzen der Erbausschlagung
- Besonderheiten bei minderjährigen Erben
- Nachlassverwaltung und Insolvenz
- Erbschaftsteuer und finanzielle Aspekte
- Erbreihenfolge und Folgen einer Ausschlagung
- Wird das Nachlassgericht aktiv?
- Tipps zur Entscheidungsfindung
- Wann ist es sinnvoll, ein Erbe auszuschlagen?
- Die Rolle von Notaren und Anwälten
- Fazit zur Frist, um Erbe auszuschlagen
- FAQs
Das Wichtigste in Kürze
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- Wenn Sie Ihr Erbe ausschlagen, haben Sie keinen Anspruch mehr auf den Nachlass, und zwar auch nicht in Teilen.
- Durch die Ausschlagung können Sie vermeiden, Schulden zu übernehmen. Manchmal ist sie auch aus persönlichen oder steuerlichen Gründen angesagt.
- Für die Ausschlagung haben Sie nach der Kenntnisnahme vom Tod des Erblassers sechs Wochen Zeit.
- Um Ihr Erbe auszuschlagen, müssen Sie sich an das Nachlassgericht wenden.
In bestimmten Fällen können anstatt der Erbausschlagung eine Nachlassverwaltung oder ein Nachlassinsolvenzverfahren der Erbausschlagung beantragt werden.
Was bedeutet es, ein Erbe auszuschlagen?
Wenn Sie ein Erbe aus welchen Gründen auch immer nicht antreten möchten, müssen Sie es beim Amtsgericht ausschlagen. Daraus ergeben sich die folgenden Konsequenzen:
- Sie verzichten auf Ihren Anspruch auf den Nachlass
- das Erbe geht an die nächste Person in der Erbreihenfolge über
- mit der Erbausschlagung verlieren Sie auch Ihren Anspruch auf den Pflichtteil
Definition und rechtliche Grundlagen
Die Ausschlagung des Erbes bedeutet, dass weder das Vermögen des Erblassers noch seine Schulden auf den Erben übergehen. Laut § 1943 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) erlischt das Recht auf die Ausschlagung, sobald das Erbe angenommen worden ist oder die gesetzliche Frist abgelaufen ist. Spätestens dann wurde das Erbe automatisch angenommen.
Gründe für die Ausschlagung
Für die Erbausschlagung kann es verschiedene Gründe geben. Besonders häufig entscheiden sich berechtigte Erben gegen den Nachlass, wenn er vor allem aus Schulden besteht. Für diese würden sie nämlich die Haftung übernehmen. Weitere Gründe können eine sanierungsbedürftige Immobilie, die Privatinsolvenz des Erben, steuerliche Überlegungen oder persönliche Gründe sein.
Erbe ausschlagen Frist: Wie viel Zeit habe ich?
Verschaffen Sie sich sofort nach dem Tod eine Übersicht über die Vermögensverhältnisse des Erblassers. Nur so können Sie entscheiden, ob eine Erbausschlagung sinnvoll wäre oder nicht.
Allgemeine Fristen
Wenn Sie das Erbe ausschlagen, ist die Frist von sechs Wochen zu beachten. Sie beginnt mit der Kenntnis vom Tod des Erblassers oder mit dem Schreiben des Nachlassgerichts zu laufen. Letzteres wird aber nur zugestellt, wenn der Verstorbene ein Testament hinterlassen hat. Die Frage ist aber auch: Wird man als Erbe angeschrieben ohne Testament? Glücklicherweise ja. Das Nachlassgericht informiert die Erben über den Todesfall, sofern kein Testament vorliegt.
Verlängerung der Frist
Sie wissen noch nicht, ob Sie das Erbe ausschlagen möchten und wollen die Frist verlängern? Das ist leider nicht möglich. Deswegen sollten Sie sich unmittelbar, nachdem Sie vom Tod erfahren hatten, mit dem Thema befassen und sich dabei auch nicht auf die Aussagen von Verwandten oder vom Verstorbenen selbst bezüglich dessen Vermögensverhältnisse verlassen. Informieren Sie sich lieber selbst über den Nachlasswert.
Frist bei Auslandswohnsitz
Eine Ausnahme gesteht der Gesetzgeber zu, wenn der Verstorbene seinen letzten Wohnsitz im Ausland hatte oder wenn der Erbe zum Beginn der Frist gerade im Ausland unterwegs ist. In diesen Fällen können Sie sich sechs Monate Zeit für die Erbausschlagung nehmen.
Der Ablauf der Erbausschlagung
Aufgrund der kurzen Frist sollten Sie sichergehen, dass Sie die genauen Vorschriften kennen, wenn Sie Ihr Erbe ausschlagen. Dafür können Sie entweder persönlich beim Amtsgericht erscheinen oder eine notariell beglaubigte Erklärung dorthin schicken.
Schritte zur Ausschlagung beim Nachlassgericht
Wenn Sie ein Erbe ausschlagen möchten, müssen Sie das persönlich beim Nachlassgericht tun. Dabei handelt es sich um das Amtsgericht am letzten Wohnsitz des Verstorbenen. Alternativ können Sie sich auch an das Amtsgericht in Ihrem Bezirk wenden. Die Ausschlagung können Sie vor Ort erklären. Dafür müssen Sie eine Gerichtsgebühr zahlen.
Notarielle Erklärung
Wenn Sie keine Zeit haben, persönlich beim Amtsgericht vorbeizugehen, können Sie stattdessen die Dienste eines Notars in Anspruch nehmen. Dieser setzt eine beglaubigte Erklärung auf, die Sie anschließend innerhalb der Frist an das Nachlassgericht schicken müssen. Eine schriftliche Erklärung, die Sie selbst verfasst haben, ist hingegen unzureichend.
Formvorschriften und Muster
Im Internet finden Sie oft Musterformulare für die Erbausschlagung. Da nicht beglaubigte Schreiben vom Nachlassgericht aber nicht akzeptiert werden, sollten Sie diese nur verwenden, wenn Sie diese anschließend von einem Notar bestätigen lassen.
Konsequenzen der Erbausschlagung
Wenn Sie das Erbe ausschlagen und die Frist nicht versäumt haben, zieht das eine Reihe von Folgen nach sich.
Verlust von Rechten und Ansprüchen
Mit der Erbausschlagung steht Ihnen aus dem Nachlass des Verstorbenen nichts mehr zu. Weder materielle Güter noch Gelder dürfen von Ihnen aus der Erbmasse entnommen werden. Außerdem können Sie jetzt nicht mehr Ihren Pflichtteil geltend machen. Sie verlieren also sämtliche Ansprüche auf das Erbe.
Erbweitergabe an Dritte
Nachdem Sie das Erbe ausgeschlagen haben, wird der nächste Erbe gesucht. Dabei kann es sich um Ihre leiblichen Kinder oder um weitere Angehörige des Verstorbenen handeln. Gegebenenfalls haben diese ebenfalls ein Interesse, das Erbe nicht anzutreten.
Haftung für Schulden
Üblicherweise geht die Haftung für die Schulden an die Erben über. Wenn sie aber alle das Erbe ausschlagen, übernimmt der Staat den Nachlass. Er kann das Erbe nicht ausschlagen, wird in der Regel aber nicht für Schulden aufkommen. Das vermeidet er, indem er die Haftung auf den Nachlass beschränkt.
Besonderheiten bei minderjährigen Erben
- Minderjährige Erben dürfen selbst keine Ausschlagung vornehmen. Stattdessen übernehmen die Eltern diese Aufgabe. Wenn zum Beispiel Ihr minderjähriges Kind zum Erben geworden ist, weil Sie selbst das Erbe ausgeschlagen haben, können Sie relativ unkompliziert auch für Ihren Nachwuchs die Ausschlagung erklären.
Nachlassverwaltung und Insolvenz
Wenn Schulden der Grund sind, aus denen Sie das Erbe ausschlagen möchten, können Sie noch einen anderen Weg wählen und die Haftung beschränken. Das funktioniert entweder über eine Nachlassverwaltung oder ein Nachlassinsolvenzverfahren.
Nachlassverwaltung beantragen
Nicht immer lässt sich innerhalb von sechs Wochen ermitteln, wie die finanziellen Verhältnisse des Verstorbenen waren und ob seine Verbindlichkeiten wirklich höher als sein Vermögen ist. Deswegen kann es manchmal sinnvoll sein, die Haftung zu beschränken, sodass Sie nicht mehr mit Ihrem Privatvermögen für die Schulden des Erblassers aufkommen müssen. Den entsprechenden Antrag schicken Sie an das zuständige Nachlassgericht.
Nachlassinsolvenzverfahren
Wenn Sie Ihre Haftung beschränken, wird ein Nachlassverwalter ernannt, der sich darum kümmert, die Schulden mit den Mitteln aus dem Erbe zu begleichen. Sollte sich herausstellen, dass der Nachlass nicht dafür ausreicht, kann er ein Nachlassinsolvenzverfahren einleiten.
Erbschaftsteuer und finanzielle Aspekte
Wenn Sie etwas erben, wird normalerweise die Erbschaftsteuer fällig. Das trifft zumindest dann zu, wenn mit dem Erbe ein gewisser Freibetrag überschritten wurde. Durch die Erbausschlagung unterliegen Sie allerdings keiner steuerlichen Pflicht mehr. Diese geht vielmehr auf die nächsten in der Erbreihenfolge über.
Höhe der Kosten
Die Kosten für die Ausschlagung des Erbes belaufen sich auf mindestens 30 Euro. Allerdings sind sie auch von der Höhe des Erbes abhängig. Gegebenenfalls können weitere Kosten auf Sie zukommen. Wollen Sie das Erbe hingegen antreten und nicht ausschlagen, kann es unter bestimmten Voraussetzungen notwendig werden, dass Sie einen Erbschein beantragen müssen. Eine Erbschein-Kosten-Tabelle finden Sie im Anfang des Gerichts- und Notarkostengesetzes (GNotKG). Beerdigungskosten können Sie in der Regel vom Konto des Verstorbenen bezahlen.
Erbschaftsteuer optimieren
Beim Antreten des Erbes müssen Sie auch die Erbschaftssteuer entrichten. Diese lässt sich aber deutlich verringern, indem der Erblasser schon vor seinem Tod entsprechende Vorkehrungen trifft und einen Teil seines Vermögens unterhalb der Freibetragsgrenze an seine engsten Verwandten verschenkt. Alle zehn Jahre kann er seinen Kindern jeweils 400.000 Euro geben, ohne dass dafür eine Steuer anfällt.
Erbreihenfolge und Folgen einer Ausschlagung
Die Erbreihenfolge ist gesetzlich festgelegt. Dementsprechend sind zunächst die Erben 1. Ordnung berechtigt. Wenn sie das Erbe ausschlagen und die Frist einhalten, muss der nächste in der Erbreihenfolge ermittelt werden.
Wer erbt nach der Ausschlagung?
Häufig sind die nächsten Erben die Kinder derjenigen Person, die das Erbe ausgeschlagen hat. Wenn dieser Mensch keine leiblichen Kinder hat, können auch die Eltern, die Geschwister oder andere Verwandte des Erblassers zu berechtigten Erben werden.
Ersatzerben und gesetzliche Erbfolge
Für die Ermittlung der berechtigten Erben kann das gesetzliche Erbrecht herangezogen werden. Das basiert auf einem Ordnungssystem:
- 1. Ordnung: Nach dem Erbrecht sind die Kinder und schließlich auch die Enkelkinder des Erblassers in der 1. Ordnung vertreten.
- 2. Ordnung: In diese Gruppe gehören die Eltern, die Geschwister sowie die Neffen und Nichten des Erblassers.
- 3. Ordnung: Hier sind Großeltern, Onkel und Tanten, Cousins und Cousinen vertreten.
Wird das Nachlassgericht aktiv?
Das Nachlassgericht meldet sich bei Ihnen, wenn der Erblasser ein Testament hinterlassen hat und einer dieser beiden Fälle vorliegt:
- Sie wurden als Erbe genannt
- Sie wurden enterbt
Rolle des Nachlassgerichts
Das Nachlassgericht kümmert sich darum, herauszufinden, wer berechtigter Erbe ist und kann Erbscheine ausstellen. Darüber hinaus ist es die richtige Anlaufstelle, wenn Sie Ihr Erbe ausschlagen möchten. Es ist allerdings nicht dafür zuständig, den Nachlasswert zu ermitteln. Darum müssen sich die Erben selbst kümmern.
Wann werde ich vom Nachlassgericht informiert?
Sie erhalten Post vom Nachlassgericht, sobald es zu einer Testamentseröffnung gekommen ist. Allerdings werden Sie nicht informiert, wenn kein Testament vorliegt.
Tipps zur Entscheidungsfindung
Um herauszufinden, ob es sinnvoll sein kann, das Erbe auszuschlagen, müssen Sie unbedingt den Nachlasswert kennen. Dabei handelt es sich um den Betrag, der übrig bleibt, nachdem alle Verbindlichkeiten des Erblassers von seinen Vermögenswerten abgezogen wurden.
Dokumentation des Nachlasses
Für die Dokumentation des Nachlasses wird ein Nachlassverzeichnis erstellt. In Abhängigkeit davon, wie übersichtlich das Vermögen des Erblassers ist, kann sich das einfach oder sehr kompliziert gestalten, sodass gegebenenfalls Experten hinzugezogen werden sollten. Wenn die Verhältnisse überschaubar sind, können die Erben aber auch einfach ein privates Nachlassverzeichnis anfertigen.
Beratung durch Experten
Bei Unstimmigkeiten zwischen den Erben oder Unklarheiten über den Wert bestimmter Besitztümer des Verstorbenen muss eventuell ein Gutachter hinzugezogen werden. Manchmal ist es außerdem notwendig, dass ein notariell beglaubigtes Nachlassverzeichnis vorgelegt werden kann.
Wann ist es sinnvoll, ein Erbe auszuschlagen?
Die Ausschlagung des Erbes ist immer dann von Vorteil, wenn die Annahme einen finanziellen Nachteil für Sie bedeuten würde.
Überschuldeter Nachlass
Wenn die Verbindlichkeiten die Vermögenswerte im Nachlass überschreiten, sollten Sie das Erbe ausschlagen. Sonst müssen Sie dafür mit Ihrem Privatvermögen einstehen.
Sanierungsbedürftige Immobilie
Immobilien können den Nachlasswert deutlich steigen lassen. Das gilt aber nur, wenn sie in einem guten Zustand sind. Wenn die Kosten für die Sanierung den Wert des Nachlasses überschreiten würde, sollten Sie vom Erbe absehen.
Privatinsolvenz des Erben
Wenn Sie sich gerade in der Privatinsolvenz befinden und nicht möchten, dass das Geld in die Insolvenzmasse übergeht, ist ebenfalls eine Ausschlagung empfehlenswert. Dann kann ein weiterer Verwandter von dem Erbe profitieren.
Die Rolle von Notaren und Anwälten
Das Nachlassgericht ist zwar die richtige Anlaufstelle, wenn es darum geht, das Erbe auszuschlagen. Es kann Sie aber nicht in steuerlichen Sachen beraten oder Ihnen helfen, den Nachlass zu ermitteln. Wenn Sie das Gefühl haben, dass Ihnen die Erbangelegenheit über den Kopf wächst, sollten Sie sich besser an Fachleute wie Notare und Anwälte wenden.
Fazit zur Erbausschlagung
Mit einer Erbausschlagung verzichten Sie zwar auf alle Ansprüche, verhindern so aber auch, dass die Schulden des Erblassers auf Sie übergehen. Wenn Sie das Erbe ausschlagen möchten, müssen Sie dies innerhalb einer Frist von sechs Wochen persönlich beim Nachlassgericht erledigen oder eine notariell beglaubigte Erklärung per Post verschicken.
Bei unübersichtlichen Vermögensverhältnissen kann es manchmal aber sinnvoll sein, alternativ eine Nachlassverwaltung zu beantragen und so die Haftung für die Schulden zu beschränken.
FAQs zum Ausschlagen des Erbes
Wenn Vater stirbt und Mutter lebt - wer erbt?
Was passiert, wenn der Vater stirbt und die Mutter lebt – wer erbt dann? Die Mutter erbt gemeinsam mit den hinterbliebenen Kindern einen Teil des Nachlasses.
Letzte Generation Mann stirbt - was jetzt?
Was passiert, wenn die letzte Generation (Mann oder Frau) stirbt? Auch das ist eine relevante Frage. Wenn es keine gesetzlichen Erben gibt, übernimmt der Staat den Nachlass des Verstorbenen.
Wie lange ist die Frist, um ein Erbe auszuschlagen?
Die Frist beträgt sechs Wochen.
Wo und wie kann ich die Ausschlagung des Erbes erklären?
Das können Sie persönlich beim Nachlassgericht erledigen.
Was passiert, wenn die Frist zur Ausschlagung des Erbes versäumt wird?
In diesem Fall gilt das Erbe als automatisch angenommen.