Eine Erbschaft, insbesondere die einer Immobilie, kann viele Fragen und Unsicherheiten aufwerfen. Wir haben die wichtigsten Fragen gesammelt und dem Geschäftsführer von immoverkauf24, Dr. Niels Jacobsen, gestellt.
1. Bestattungen.de: Gilt bei einer Immobilie die gleiche Frist, das Erbe auszuschlagen wie bei allen anderen Erbschaften?
Dr. Jacobsen: „Der Gesetzgeber unterscheidet nicht zwischen Immobilienvermögen und der restlichen Erbmasse. Wer aufgrund der gesetzlichen Erbfolge erbt oder aufgrund einer gesetzlichen Verfügung hat 6 Wochen Zeit, das Erbe auszuschlagen oder anzunehmen.“
2. Bestattungen.de: Ist es ohne Probleme möglich, Einsicht in das Grundbuch zu erlangen, ohne das ein Erbschein vorliegt? Dieser darf meiner Informationen nach nicht beantragt werden, wenn eine Erbschaft eventuell ausgeschlagen werden soll.
Dr. Jacobsen: „Wer Einsicht in ein Grundbuch nehmen möchte, muss dem Grundbuchamt ein berechtigtes Interesse nachweisen. Eine mögliche Erbschaft ist ein berechtigtes Interesse, auch wenn noch kein Erbschein vorliegt. Sollte das Grundbuchamt sich dennoch weigern, kann eine Einsichtnahme über ein Notar erfolgen. Ob das Erbe ausgeschlagen werden soll oder nicht, kann jeder Erbe innerhalb der 6 Wochenfrist entscheiden. Die meisten Erben schauen erst in das Grundbuch und entscheiden nach Kenntnis der Vermögens- und Verschuldungssituation, ob sie das Erbe annehmen möchten.“
3. Bestattungen.de: Gibt es Ausnahmen, in denen das Ausschlagen des Erbes nicht möglich ist? Beispielsweise Denkmalschutz?
Dr. Jacobsen: „Nein, ein Erbe kann man auch ausschlagen, wenn ein Haus unter Denkmalschutz steht oder hohe Sanierungskosten drohen. Schlagen alle Erben das Erbe aus, erbt das Finanzamt.“
4. Bestattungen.de: In welchen Fällen ist eine Schenkung zu Lebzeiten günstiger als die Erbschaft einer Immobilie?
Dr. Jacobsen: „Für die Erbschafts- und Schenkungssteuer gelten die gleichen Freibeträge und Steuersätze. Es kann aber trotzdem sinnvoll sein, die Immobilie bereits zu Lebzeiten zu überschreiben. Beispiel: Ein Kind würde im Erbfall eine Immobilie im Wert von 400.000,- Euro und Bargeldvermögen im Wert von 200.000,- Euro erben. Das Gesetz sieht einen Freibetrag von 400.000,- Euro pro Kind vor. 200.000,- Euro würden entsprechend der Erbschaftssteuer unterliegen. Die Besteuerung der 200.000,- Euro hätte vermieden werden können, wenn die Immobilie bereits 10 Jahre vor Eintritt des Erbfalls überschrieben worden wäre. Die Freibeträge der Schenkungssteuer können im Abstand von 10 Jahren in Anspruch genommen werden. Es kann sich daher sogar lohnen, einen Schenkungsplan zu machen, um Erbschaftssteuer zu sparen.“
5. Bestattungen.de: Es gibt nicht nur einen Erben – wie wird in diesem Fall mit einer Immobilie verfahren?
Dr. Jacobsen: „In diesem Fall erbt die Erbengemeinschaft die Immobilie und wird als solche in das Grundbuch eingetragen. Möchte ein Erbe über die Immobilie verfügen, muss die Erbengemeinschaft aufgelöst werden, damit die Vermögensansprüche der Erben erfüllt werden können. Wird keine Einigung über die Immobilie erzielt, so hat jeder Miterbe das Recht, eine Teilungsversteigerung beim Amtsgericht zu beantragen.“
6. Bestattungen.de: Ist eine Ermittlung des Verkehrswertes der Immobilie durch einen Sachkundigen vor Ort immer oder nur in Ausnahmefällen möglich?
Dr. Jacobsen: „Die Ermittlung des Verkehrswerts durch einen Sachkundigen vor Ort ist grundsätzlich immer möglich. Möchte ein Erbe die Immobilie übernehmen und einen anderen Erben auszahlen, empfiehlt es sich, ein ausführliches, kostenpflichtiges Wertgutachten erstellen zu lassen, das als Basis für die Auszahlung dienen kann. Soll die Immobilie nach Eintreten des Erbfalls eher verkauft werden, ist oftmals eine mündliche Einschätzung bzw. eine kurze Stellungnahme zum Verkehrswert ausreichend, die bei uns kostenfrei in Anspruch genommen werden kann.“
7. Bestattungen.de: Was muss bei dem Verkauf einer geerbten Immobilie beachtet werden?
Dr. Jacobsen: „In jedem Falle sollten vor Verkauf, die Eigentumsverhältnisse eindeutig festgestellt worden sein. Des Weiteren sollte sichergestellt sein, das alle Eigentümer mit dem Verkauf einverstanden sind und mit der Art der Durchführung (z.B. welcher Makler soll beauftragt werden, ab welchem Preis wird verkauft, etc.). In der Regel empfiehlt es sich, die Immobilie vor Verkauf leer zu räumen, da viele Immobilien bei Eintreten des Erbfalls in einem nicht repräsentativen Zustand sind.“
8. Bestattungen.de: Gibt es Ihrer Erfahrung nach häufige Fehler, die Erben machen, wenn eine Immobilie vererbt wird?
Dr. Jacobsen: „Der größte Fehler besteht oftmals darin, dass die Immobilie nicht vorher einem Erben überschrieben wird. Tritt der Erbfall ein, übernimmt in der Regel eine Erbengemeinschaft die Immobilie. Danach fangen die Probleme an: Wer bezahlt die Kreditraten? Wer kümmert sich um das Haus? Wer bezahlt mögliche Reparaturen? Wer will in das Haus ziehen? Wie werden die Miterben ausbezahlt? Was passiert mit den Möbeln? Etc.“
Vielen Dank an Niels Jacobsen, Geschäftsführer von Immoverkauf24, für die Beantwortung unserer Fragen.
Autor: Anja Rohde